Körperliche Bewegung stimuliert die Gehirnfunktion durch ihre Wirkung auf die Muskeln

Eine neue Studie hat ergeben, dass körperliche Betätigung eine wichtige Rolle für die Gesundheit des Gehirns spielt, da sie die Freisetzung von Molekülen aus den Muskeln auslöst, die mit der kognitiven Funktion in Zusammenhang stehen.

Eine im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichte Studie zeigt, dass Nerven, die Muskeln stimulieren, bei ihrer Aktivierung auch Signale an das Gehirn senden und dadurch bioaktive Moleküle und Nanopartikel freisetzen, die die Gehirnfunktion verbessern.

Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Gesundheit des Bewegungsapparats nicht nur für die Herz-Kreislauf-Gesundheit oder Mobilität zu erhalten, sondern auch, um der Neurodegeneration entgegenzuwirken, sagte Dr. Hyunjun Kong, Professor in der Abteilung für chemische und biomolekulare Verfahrenstechnik an der University of Illinois in Urbana-Champaign und Co-Autor der Studie.

Er erklärte: „Die Aufrechterhaltung der neuronalen Innervation ist entscheidend, damit die Muskeln biologische Faktoren produzieren können, die für das Gehirn von Nutzen sind. Durch regelmäßige Muskelkontraktionen setzen die Muskeln nicht nur diese nützlichen Faktoren frei, sondern tragen auch dazu bei, die Innervation aufrechtzuerhalten, die erforderlich ist, damit die Nerven weiterhin Signale an die Muskeln senden. Diese Signale sind notwendig, um die Freisetzung neurotropher Faktoren an das Gehirn zu regulieren.“

Die Studie stimulierte Muskeln mit Glutamat, um die Reaktion der Nervenfunktion zu beobachten. Die Forscher verwendeten Modelle von Muskelgewebe, eines mit und eines ohne Innervation. Sie stellten fest, dass das mit Innervation behandelte Gewebe mehr Signale an das Gehirn sendete.

Da die Funktion einiger Muskelneuronen mit zunehmendem Alter oder durch Verletzungen nachlassen kann, interessierte die Forscher, wie sich dieser Verlust auf die Gesundheit des Gehirns auswirkt.

Wie wirkt sich Bewegung auf die Gehirnfunktion aus?

In dieser Studie beobachteten die Forscher keine Menschen beim Sport. Stattdessen untersuchten sie Modelle von Muskelgewebe. Daher war es nicht möglich, direkte Rückschlüsse auf bestimmte Trainingsformen und deren Auswirkungen auf die Gehirngesundheit zu ziehen.

Kong sagte, frühere Studien zu Bewegung und Gehirngesundheit hätten einen direkten Zusammenhang zwischen der Größe des Hippocampus und regelmäßiger körperlicher Aktivität gezeigt. Für diese neue Studie untersuchten die Forscher jedoch das Nervensystem und die Muskel-Skelett-Funktion, um die Wechselwirkungen zwischen Gehirn und Körper besser zu verstehen.

„Unsere Studie konnte nicht beweisen, dass Sport die kognitiven Funktionen direkt verbessern kann“, warnte Kong. „Mehrere Studien haben bereits gezeigt, dass regelmäßiges Training die kognitiven Funktionen bei Erwachsenen verbessern kann. In diesen Studien wurden die Teilnehmer gebeten, regelmäßig Sport zu treiben, und die Veränderungen der Größe ihres Hippocampus wurden beobachtet.“

„Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die regelmäßig aerobes Training absolvieren, größere Hippocampi haben und bei räumlichen Gedächtnistests bessere Ergebnisse erzielen. Wir haben uns darauf konzentriert, wie muskelbezogene Neuronen einen der Bahnen zwischen Muskeln und Gehirn beeinflussen.“ – Dr. Hyunjun Kong

Ryan Glatt, CPT, NBC-HWC, ein leitender Gehirngesundheitscoach und Leiter des FitBrain-Programms am Neuroscience Institute in Santa Monica, Kalifornien, der nicht an der Studie beteiligt war, sagte, es werde einige Zeit dauern, bis die Auswirkungen von Bewegung auf das Gehirn vollständig verstanden seien, und dies müsse in zukünftigen Studien am Menschen berücksichtigt werden.

„Die Dauer, die erforderlich ist, um die Auswirkungen von Training auf die kognitive Funktion zu beobachten, kann je nach Art, Intensität und Häufigkeit des Trainings sowie individuellen Unterschieden in Bezug auf Alter, kognitive Grundfunktion und Gesundheitszustand variieren“, sagte Glatt.

„Studien zeigen typischerweise Auswirkungen über einen Zeitraum von Wochen bis Monaten. Es ist wichtig, dass zukünftige Studien diese Variablen berücksichtigen, um den Zeitrahmen genau einzuschätzen“, sagte er.

Welche Arten von Übungen sind am besten für die Gesundheit des Gehirns?

Regelmäßige Bewegung wirkt sich positiv auf die Gehirngesundheit aus. Boxen hilft beispielsweise Menschen mit Parkinson.

Glatt stellte fest, dass einige Arten von Übungen möglicherweise wirksamer zur Verbesserung der Gehirngesundheit sind als andere, insbesondere solche, die kognitive Funktionen erfordern.

„Aerobe Übungen wie Laufen, Schwimmen und Radfahren verbessern die Herz-Kreislauf-Gesundheit und sind allgemein für ihre positiven Auswirkungen auf die Gehirnfunktion bekannt“, sagte er.

„Allerdings können Aktivitäten, die körperliche und kognitive Anforderungen kombinieren – wie etwa Tanzen und Mannschaftssport – aufgrund der Anforderungen an Koordination, Rhythmus und exekutive Funktionen zusätzliche Vorteile bieten“, fügte er hinzu.

Kann Sport den kognitiven Abbau umkehren oder verlangsamen?

Kong meinte, dass körperliche Aktivität den altersbedingten kognitiven Abbau möglicherweise umkehren oder verlangsamen könne.

„Mit zunehmendem Alter verlieren Menschen nach und nach gut ausgebildete neuromuskuläre Verbindungen zwischen Nerven und Muskeln, was die Fähigkeit der Muskeln beeinträchtigt, durch Nervensignale reguliert zu werden und folglich ihre Fähigkeit verringert, für die Gehirnfunktion wichtige Faktoren abzusondern“, erklärte Kong.

„Mit entsprechendem Training oder der Stimulation von Muskelkontraktionen können Muskeln Faktoren produzieren, die zur Erhaltung dieser neuromuskulären Verbindungen beitragen und so einer Denervierung vorbeugen. Dadurch können ältere Erwachsene noch über funktionell innervierte Muskeln verfügen, die wichtige Faktoren produzieren können, die die kognitiven Funktionen des Gehirns verbessern“, stellte er fest.

Glatt wies darauf hin, dass ein sitzender Lebensstil mit relativ geringer körperlicher Aktivität mit einem höheren Risiko für kognitiven Abbau verbunden sein könnte.

Er wies jedoch darauf hin, dass es zahlreiche individuelle Unterschiede gebe, die auf genetische Faktoren, den Lebensstil und Umweltfaktoren zurückzuführen seien.

„Sport wird zunehmend als unterstützende Maßnahme für Menschen mit eingeschränkter kognitiver Leistungsfähigkeit anerkannt, darunter auch für Menschen mit altersbedingtem Leistungsabfall oder Erkrankungen wie Alzheimer. Körperliche Aktivität kann die Durchblutung des Gehirns verbessern, Entzündungen reduzieren und die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren anregen, was zur Erhaltung oder Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit beitragen kann“, sagte Glatt.

„Obwohl Sport die kognitive Gesundheit fördert und potenziell den Abbau verlangsamt, gibt es noch keine eindeutigen Belege dafür, dass er bestehende kognitive Beeinträchtigungen rückgängig machen kann. Die meisten Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Sport den Abbau verlangsamen und die allgemeine Gehirngesundheit verbessern kann. Um bestehende kognitive Defizite rückgängig zu machen, bedarf es jedoch noch umfangreicherer Forschung“, warnte er.