Das Gehirn des Embryos wird in einer Laborumgebung gezüchtet

In Ohio hat ein Forscherteam im Reagenzglas die Nachbildung eines Gehirns gezüchtet, das dem eines fünf Wochen alten Embryos entspricht.

Um ihre Idee in die Tat umzusetzen, verwendeten die Wissenschaftler die bislang genaueste Karte des Gehirns und benötigten außerdem eine große Zahl reifer Hautzellen von Spendern.

Die Experten bezeichneten die Gehirnkopie als Gehirnorganoid. Ihre Herstellung erforderte vier Jahre und umfangreiche Forschung. Das Forschungsteam wurde von Rene Ananda geleitet. Ziel der Arbeit war es nicht nur, der wissenschaftlichen Gemeinschaft eine im Labor gezüchtete Kopie des menschlichen Gehirns zu präsentieren, sondern auch die ethnischen Probleme zu beseitigen, die bei der Verwendung eines echten menschlichen Gehirns für Forschungszwecke auftreten.

Zu Beginn ihrer Arbeit wählte Anandas Team Hautzellen von erwachsenen Spendern aus und versuchte, diese mithilfe verschiedener Stimulationsmethoden wieder in das pluripotente Stadium zu bringen. So erhielten die Wissenschaftler Stammzellen, aus denen sich innerhalb von zwölf Wochen ein voll funktionsfähiges Organ entwickelte.

Innerhalb von drei Monaten gelang es den Wissenschaftlern, im Labor eine Kopie des Gehirns in der Größe eines Radiergummis zu züchten, die jedoch trotz ihrer geringen Größe 99 % der in einem fünf Wochen alten Embryo vorhandenen Gene enthielt.

Laut Rene Ananda muss sich das Gehirn-Organoid 16 bis 20 Wochen entwickeln, damit der Gensatz zu 100 % ausgereift ist.

Es ist bemerkenswert, dass dieses Organoid im Vergleich zu früheren, unter Laborbedingungen hergestellten Analoga einem echten Organ am nächsten kommt. Das Gehirnorganoid verfügt über alle wichtigen Bereiche – das Rückenmark, verschiedene Zelltypen, die Netzhaut und den Signalkreislauf. Zu diesem Zeitpunkt besitzt das künstliche Gehirn noch kein Gefäßsystem, was die Wachstumsmöglichkeiten einschränkt. Dank Mikroglia, Oligodendrozyten, Axonen, Dendriten und Astrozyten überträgt das Organoid jedoch chemische Signale nahezu auf die gleiche Weise wie ein echtes Organ.

Die Forschergruppe stellte fest, dass das künstliche Modell bei der Durchführung komplexer klinischer Studien verschiedener Medikamente hilfreich sein könnte. Darüber hinaus schlugen sie vor, dass ein möglichst reales künstliches Gehirn dazu beitragen könnte, die Ursachen von Erkrankungen des zentralen Nervensystems genauer zu untersuchen und auch für genetische Experimente nützlich wäre.

Solche Aussagen von Rene Ananda haben in der wissenschaftlichen Gemeinschaft gemischte Reaktionen hervorgerufen. Zunächst einmal wiesen einige Experten darauf hin, dass die Ergebnisse der Arbeit in keiner wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurden.

Professor Knoblich von der Österreichischen Universität für Molekulare Biotechnologie züchtete vor zwei Jahren eine ähnliche Gehirnstruktur, der allerdings das Mittelhirn fehlte. Wie Knoblich anmerkte, konnte Anandas Gruppe die Funktionalität ihres Organoids nicht präsentieren.

Ein anderer Hirnforscher meint, die einzige Möglichkeit, die Richtigkeit der Behauptungen von Anandas Gruppe zu überprüfen, bestehe in genetischen Tests einiger Zellen und Teile des Organoids. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass solche Tests durchgeführt wurden, und Wissenschaftler bezweifeln, dass das Organoid tatsächlich 99 Prozent der Gene enthält.

Darüber hinaus bezweifeln Wissenschaftler die von den Forschern festgestellten bestehenden neuronalen Verbindungen, und Rene Anand muss nun eine wissenschaftliche Arbeit verfassen und den Fortschritt seiner experimentellen Arbeit darlegen.