Sexualhormon" verhindert Krebs

Das Hormon Calcitonin verschlechtert die Prognose von Patienten mit bestimmten Krebsarten erheblich. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Calcitoninspiegel gesenkt werden kann, indem das Enzym, das es aktiviert, auf ein anderes Hormon umgestellt wird – Oxytocin, das mit einem Gefühl sexueller Lust und Befriedigung verbunden ist.

Forscher der Australian National University haben überraschende Ergebnisse erzielt, die zu einer neuartigen Methode zur Krebsbekämpfung führen könnten. Die Forscher im Labor von Professor Christopher Easton untersuchten das Enzym PAM (Peptidylglycin-Alpha-Amidierungs-Monooxygenase), das an der Aktivierung verschiedener Peptidhormone beteiligt ist, darunter Calcitonin und Oxytocin. Ersteres wird im Mineralstoffwechsel eingesetzt und regt zudem die Zellteilung an; letzteres steuert die Milchproduktion und die Gebärmuttermuskulatur. Oxytocin beeinflusst vermutlich das Sexualverhalten; es wird auch als „Sexualhormon“ bezeichnet, da sein Spiegel in der Lymphe beim Orgasmus stark ansteigt.

Gleichzeitig führt ein Ungleichgewicht der Peptidhormone, wie jede Störung des Hormonsystems, zu verschiedenen Krankheiten, von Asthma bis Krebs. Ein Ungleichgewicht in der Konzentration eines bestimmten Hormons kann mit einer Fehlfunktion des RAM-Enzyms zusammenhängen, das diese Hormone aktiviert. In einem in der Fachzeitschrift Medicinal Chemistry Communications veröffentlichten Artikel berichten die Autoren, dass ein erhöhter Calcitoninspiegel den Zustand von Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs erheblich verschlechtert. Dies ist eine der häufigsten und gefährlichsten Krebsarten, die extrem schnell wächst und weitreichende Metastasen bildet. Den Autoren der Studie zufolge konnten sie herausfinden, dass einige Fettsäurederivate die Funktion des RAM-Enzyms in den Zellen dieser Krebsart wirksam unterdrücken.

Ihr vorgeschlagenes Schema ermöglicht zudem eine umfassendere Suche nach Substanzen, die den Hormonhaushalt korrigieren und den Kalzitoninspiegel in den Zellen senken könnten. Dies mag zwar kein Wundermittel gegen Krebs sein, verlangsamt aber zumindest das Wachstum und stabilisiert den Tumor; im Fall von kleinzelligem Krebs ist das bereits viel.

Die Forscher halten eine Methode für optimal, die die Aufmerksamkeit des Enzyms auf ein anderes Substrat lenkt, sodass weniger Calcitonin und mehr Oxytocin aktiviert wird (schließlich führt die vollständige Unterdrückung eines so wichtigen Enzyms zu nichts Gutem). Ob es möglich ist, das RAM-Enzym selbst auf ein anderes Substrat umzustellen, diskutieren die Autoren der Arbeit nicht.

Über Onkologie macht man im Allgemeinen keine Witze, doch eine Krebstherapie auf der Grundlage einer Erhöhung des Spiegels des „Sexualhormons“ ist möglicherweise das herausragendste Beispiel dafür, wie sich das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden lässt.