Stammzellen können die Wirksamkeit von Fruchtbarkeitsbehandlungen verbessern

Eine neue Studie unter Leitung von Forschern der Universität Kopenhagen hat ergeben, dass eine ungewöhnlich vielseitige und regenerative Stammzelle in frühen Embryonen der Schlüssel zur Entwicklung neuer, wirksamer Behandlungsmethoden gegen Unfruchtbarkeit sein könnte. Die in der Fachzeitschrift Cell veröffentlichte Mausstudie mit dem Titel „Das primitive Endoderm unterstützt die Plastizität der Abstammungslinien, um eine regulative Entwicklung zu ermöglichen“ eröffnet neue Perspektiven auf diesem Gebiet.

Eine Schwangerschaft ist ein komplexer Prozess. Ein Spermium muss eine Eizelle finden und sie im Eileiter befruchten. Die Eizelle beginnt sich zu teilen und entwickelt sich nach fünf Tagen zu einer Blastozyste, aus der schließlich ein Fötus entsteht. Da Unfruchtbarkeit jedoch immer häufiger auftritt, greifen immer mehr Menschen auf Reproduktionstechnologien zurück. In Dänemark ist dies bei jeder achten Schwangerschaft der Fall.

Trotzdem ist die Erfolgsquote solcher Verfahren nach wie vor gering und liegt je nach Alter und Fruchtbarkeit der Frau nur bei etwa 20 bis 30 Prozent. Forschern der Universität Kopenhagen ist nun ein Durchbruch gelungen, der künftig zu besseren Fruchtbarkeitsbehandlungen führen könnte.

„Wir untersuchen Zellen im Mausembryo, die als primitives Endoderm oder Hypoblast bezeichnet werden. Wir fanden heraus, dass diese Zellen einzigartig sind und in der Lage sind, einen eigenen Embryo zu bilden. Das ist besonders spannend, da eine kürzlich durchgeführte Studie gezeigt hat, dass das primitive Endoderm der einzige Zelltyp im Embryo ist, der in klinischen Studien mit einem hohen Einnistungserfolg in Verbindung gebracht wird“, sagt die Studentin und Erstautorin der Studie, Madeleine Linneberg-Agerholm.

Sie fügt hinzu: „Normalerweise versorgen diese Zellen einen normalen Embryo mit Nahrung und Unterstützung, aber wenn wir sie isolieren, können sie selbst einen Embryo erzeugen, was eine sehr überraschende Entdeckung ist.“

Die Forscher fanden außerdem heraus, dass sich im Labor gezüchtete Stammzellen aus dem primitiven Endoderm in der Petrischale zu „embryonalen Stammzellmodellen“, sogenannten Blastoiden, mit sehr hoher Effizienz entwickeln. Diese Modelle könnten ein wichtiges Instrument für die Entwicklung neuer Medikamente zur Verbesserung der IVF-Ergebnisse sein.

„Dies könnte insbesondere für die Verbesserung der derzeitigen Fruchtbarkeitsbehandlungen von Bedeutung sein, da Plastizität und Widerstandsfähigkeit der Schlüssel zum Überleben der Embryonen im Labor und während der Übertragung auf die Mutter sein könnten“, sagt Professor Joshua Brickman, leitender Autor der Studie.

Obwohl die Studie an Mäusen durchgeführt wurde, planen die Wissenschaftler bereits, ähnliche Studien an menschlichen Stammzellen durchzuführen.

Primitives Endoderm als „Lesezeichen“

Zu Beginn seiner Entwicklung ist der Embryo eine einzelne Zelle, die sich dann zu einem Zellhaufen entwickelt. Aus den äußeren Zellen wird die zukünftige Plazenta, und aus den inneren Zellen entsteht das primitive Endoderm, der zukünftige Dottersack oder Epiblast, aus dem der eigentliche Embryo entsteht.

„Das letzte Stadium der Blastozystenentwicklung ist das primitive Endoderm. Und wenn man alles rund um das primitive Endoderm entfernt, ‚erinnert‘ es sich irgendwie daran, wie man einen Embryo bildet, und kann es selbst tun“, erklärt Brickman.

Wir haben auch gezeigt, dass sich diese Zellen im primitiven Endoderm daran erinnern, wie andere Zelltypen gebildet werden, weil sie Transkriptionsfaktoren besitzen, die wie Lesezeichen an wichtigen regulatorischen Sequenzen (Enhancern) auf der DNA sitzen. Normalerweise tun diese Faktoren nichts, aber sie können sich merken, was zu tun ist, wenn ein Problem auftritt. Stellen Sie sich das Genom wie ein Buch vor. Diese Lesezeichen erinnern Sie daran, auf welcher Seite die Anweisungen zur Bildung anderer Zelltypen stehen.

Das fehlende Glied?

Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse dabei helfen werden, zu verstehen, wie die Chancen einer erfolgreichen IVF verbessert werden können, und mehr Aufschluss darüber geben, warum manche Menschen Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden.

„Wenn Frauen Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden, könnte ein Defekt im primitiven Endoderm die Ursache sein, da dieses nicht nur für die Ernährung sorgt, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Reparatur von Schäden spielen kann. Noch ist dies nur eine Hypothese, aber es ist bemerkenswert, dass dieser Zelltyp ein so starker Indikator für eine erfolgreiche Einnistung ist“, sagt Brickman.

Derzeit konzentrieren sich die Forscher darauf, die Funktionen des primitiven Endoderms besser zu verstehen und vorhandene menschliche Stammzellen des primitiven Endoderms zu verbessern.

„Wir glauben, dass dies darauf hindeutet, dass das frühe primitive Endoderm eine Struktur ist, die in der Lage ist, fehlende Linien zu regenerieren, wenn sie beschädigt ist. Da wir primitive Endoderm-Stammzellen geschaffen haben, könnte die Untersuchung dieser Zellen und der Signale, die sie steuern, zu verbesserten IVF-Behandlungen führen“, fügt Brickman hinzu.