Diagnose von Vergiftungen

Der erste Schritt der Vergiftungsdiagnose besteht in der Beurteilung des Allgemeinzustands des Patienten. Bei schweren Vergiftungen können Notfallmaßnahmen zur Behandlung eines akuten Herz-Kreislauf-Versagens (Kollaps) erforderlich sein.

Die Vergiftungsgeschichte kann bei der Aufnahme bekannt sein. Bei Patienten mit ungeklärten Symptomen, insbesondere Bewusstseinsveränderungen, sollte eine Vergiftung vermutet werden. Eine absichtliche Selbstvergiftung bei Erwachsenen deutet auf die Möglichkeit hin, dass mehrere Giftstoffe verwendet wurden. Die Anamnese spielt manchmal eine wichtige Rolle. Da viele Patienten keine zuverlässigen Angaben machen können (kleine Kinder, Patienten mit Bewusstseinsstörungen, Erwachsene nach einem Suizidversuch oder mit Psychose), sollten Freunde, Angehörige und Notfall- oder Rettungskräfte befragt werden. Selbst vertrauenswürdig erscheinende Patienten können den Zeitpunkt der Einnahme und die aufgenommene Giftmenge ungenau beschreiben. Wenn möglich, sollte die Wohnung des Patienten auf Hinweise (halbleere Medikamentenbehälter, Anzeichen von Missbrauch) untersucht werden. Die Krankenakte und Rezepte des Patienten können hilfreich sein. Kann eine Vergiftung am Arbeitsplatz nicht ausgeschlossen werden, sollten Kollegen und Vorgesetzte befragt werden. Alle Chemiewerke sollten über detaillierte Toxizitätsdaten und spezifische Behandlungsmethoden direkt am Arbeitsplatz verfügen.

In den USA, Europa und einigen Ländern Asiens und Südamerikas erhalten Sie Informationen über Industrie- und Haushaltschemikalien bei Giftinformationszentren. Die Konsultation eines Giftinformationszentrums ist hilfreich, da die auf der Verpackung der Chemikalie aufgedruckten Informationen zu Inhaltsstoffen, Erster Hilfe und Gegenmitteln veraltet oder ungenau sein können. Außerdem kann der Inhalt der Verpackung ausgetauscht oder die Verpackung beschädigt worden sein. Giftinformationszentren können unbekannte Pillen anhand ihres Aussehens identifizieren und bieten ggf. auch die Beratung durch einen Toxikologen an. Die Telefonnummer des nächstgelegenen Zentrums finden Sie neben anderen Notrufnummern auf der Titelseite Ihres örtlichen Telefonbuchs, können sie bei Ihrem Mobilfunkanbieter erfragen oder in den USA unter der Nummer 1-800-222-1222 wählen.

Bei einer klinischen Untersuchung können Symptome festgestellt werden, die für eine Vergiftung mit einem bestimmten Gift charakteristisch sind (spezifischer Geruch, Injektionsspuren bei intravenöser Verabreichung von Medikamenten, Anzeichen von chronischem Alkoholismus).

Es ist zu berücksichtigen, dass Bewusstseinsstörungen auch im Falle einer Vergiftung andere Ursachen haben können (infektiöse Läsion des Zentralnervensystems, traumatische Hirnverletzung, Hypoglykämie, Schlaganfall, hepatische Enzephalopathie, Wernicke-Enzephalopathie). Bei einer Arzneimittelvergiftung bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen muss an die Möglichkeit eines Selbstmordversuchs gedacht werden. Nach Stabilisierung des Zustandes ist eine Konsultation mit einem Psychiater erforderlich.

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Labordiagnostik von Vergiftungen

Labortests sind in den meisten Fällen wenig hilfreich. Standardisierte, leicht verfügbare Tests für häufig missbrauchte Drogen liefern nur qualitative, keine quantitativen Informationen. Diese Tests können falsch positive Ergebnisse liefern und nur eine begrenzte Anzahl von Substanzen nachweisen. Zudem bedeutet das Vorhandensein einer solchen Droge im Blut oder Urin eines Patienten nicht unbedingt, dass diese die klinischen Symptome einer Vergiftung verursacht.

Die Konzentration der meisten Substanzen im Blut ist schwer zu bestimmen, und dieser Indikator beeinflusst nicht immer die Behandlungstaktik. Bei Vergiftungen mit bestimmten Medikamenten (z. B. Paracetamol, Acetylsalicylsäure, CO, Digoxin, Ethylenglykol, Eisen, Lithium, Methanol, Phenobarbital, Theophyllin) hilft die Blutkonzentration bei der Wahl der Behandlung. Viele Spezialisten empfehlen, die Paracetamolkonzentration im Blut aller Patienten mit einer Mischvergiftung zu messen, da eine Paracetamolvergiftung im Frühstadium oft asymptomatisch verläuft und schwerwiegende Langzeitfolgen haben kann, die durch die Gabe eines Gegenmittels verhindert werden können. Bei einigen Substanzen können andere Bluttests bei der Wahl der Behandlung hilfreich sein (z. B. PTI/INR bei Warfarin-Überdosierung, Bestimmung des Methämoglobingehalts im Blut bei einigen Vergiftungen). Bei Patienten mit Bewusstseinsstörungen oder eingeschränkten Vitalfunktionen (Herz, Lunge usw.) sowie bei Vergiftungen mit bestimmten Toxinen ist die Bestimmung von Plasmaelektrolyten, Kreatinin, Glukose, Blutstickstoffgehalt, Osmolarität und arterieller Blutgaszusammensetzung erforderlich. Bei bestimmten Vergiftungen können auch andere Laboruntersuchungen angezeigt sein.

Bei bestimmten Vergiftungen (z. B. durch Eisen, Blei, Arsen oder andere Metalle oder bei Verdacht auf einen Riss in einem Kokainpäckchen oder einer anderen Droge, die vom Träger, dem „Schlucker“, eingenommen wurde) kann eine einfache Röntgenaufnahme des Abdomens helfen, die eingenommene Substanz zu lokalisieren. Eine Röntgenaufnahme ist auch bei Patienten mit schweren Symptomen angezeigt, die auf eine mögliche Vergiftung durch ein unbekanntes Gift hindeuten.

Bei Vergiftungen mit Arzneimitteln, die das Herz-Kreislauf-System beeinflussen oder unbekannten Medikamenten ist die Durchführung eines EKGs und einer Herzüberwachung erforderlich.

Wenn die Konzentration einer Substanz nach einem anfänglichen Abfall wieder ansteigt oder wenn die Vergiftungserscheinungen ungewöhnlich lange anhalten, muss an eine Bezoarerkrankung, eine Vergiftung durch ein Langzeitmedikament oder eine wiederholte Exposition (wiederholter Missbrauch) gedacht werden.