Das Ausmaß der Ebola-Viruserkrankung wurde aus mehreren Gründen unterschätzt

Das Ausmaß des Ebola-Ausbruchs, insbesondere in Sierra Leone und Liberia, wurde von Experten aus verschiedenen Gründen unterschätzt.

Die meisten Familien verstecken nahe Verwandte, die mit dem Virus infiziert sind, zu Hause. Der Grund dafür ist, dass es keine wirksame Behandlung gegen das Virus gibt und viele ihre Angehörigen zu Hause lassen, um ihnen den Tod zu erleichtern.

Viele Menschen leugnen zudem, dass ihre Angehörigen an Ebola erkrankt sind, und glauben, dass die Unterbringung eines Patienten in einer Isolierstation dessen Zustand nur verschlimmern und seinen Tod beschleunigen würde. Die meisten fürchten zudem Stigmatisierung und soziale Ausgrenzung – nicht nur der Ebola-Infizierten selbst, sondern ihrer gesamten Familie.

Krankheitsausbrüche breiten sich recht schnell aus, was die internationale Zusammenarbeit stark erschwert. Die Zahl der Freiwilligen, die persönliche Schutzausrüstung und andere Hilfsmittel reichen unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht aus, Kliniken und Diagnosezentren sind überlastet, die meisten von ihnen geschlossen, da das Gesundheitspersonal massenhaft abreist und die Patienten einfach keine Hilfe suchen.

In manchen ländlichen Gebieten werden Ebola-Opfer begraben, ohne dass die Todesursache ermittelt oder den Gesundheitsbehörden gemeldet wird. Epidemiologen besuchen manchmal Dörfer, um die Zahl der Menschen zu schätzen, die in frisch ausgehobenen Gräbern an dem Virus gestorben sind.

In einigen Gebieten Liberias herrscht eine extrem hohe Infektionsrate. Neu eröffnete medizinische Einrichtungen sind schnell mit Ebola-Patienten überfüllt, bei denen es sich meist um Erstdiagnosen handelt. Dies bestätigt die Existenz von Patienten, die vom Überwachungssystem nicht identifiziert wurden und als vermisst gelten.

In der liberianischen Hauptstadt Monrovia wurde vor kurzem ein Ebola-Behandlungszentrum mit 20 Betten eröffnet, das jedoch sofort fast viermal so stark überlastet war.

Ein weiteres Problem ist die sogenannte „Schattenzone“, also die Dörfer, in denen man mit großer Wahrscheinlichkeit von einer Ausbreitung des Ebola-Virus ausgehen kann, in denen es jedoch nicht möglich ist, eine normale Untersuchung durchzuführen, weil die Gemeindevertreter den Gesundheitshelfern den Zutritt zu den Dörfern verweigern oder weil es an Freiwilligen und Transportmöglichkeiten mangelt.

In einigen Gebieten, insbesondere in Monrovia, sind fast alle Gesundheitsdienste geschlossen.

Es war der Mangel an medizinischer Versorgung, der in einem Ebola-Haftzentrum in West Point, einem Slumgebiet, in dem das Virus am weitesten verbreitet ist, einen Aufstand auslöste.

Unter den Anwohnern herrscht zudem die Meinung, dass das Gebäude einer der verlassenen Krankenschulen, das in eine Isolierstation umgewandelt wurde, in Wirklichkeit ein Krankenhaus zur allgemeinen medizinischen Versorgung sei. Menschen, die fieberkranke Verwandte in die Isolierstation brachten, wurden angeblich in Stationen mit infizierten Patienten untergebracht.

Die West Point-Gemeinde äußerte ihre Unzufriedenheit über die Anwesenheit von Kranken aus anderen Gemeinden, was zu Aufständen und Plünderungen führte. Infolge dieser Aktionen gelangten zahlreiche infizierte Materialien in die Hände der Gemeinde.

Epidemiologen der Weltgesundheitsorganisation in Liberia und Sierra Leone arbeiten mit anderen Organisationen, darunter den Centers for Disease Control and Prevention in den USA, zusammen, um eine zuverlässigere Schätzung des wahren Ausmaßes der Virusverbreitung zu entwickeln.