Depression: Virtuelle Realität kann zur Verbesserung der psychischen Gesundheit beitragen

Eine neue Studie untersucht den Einsatz von Augmented-Reality-Headsets zur Behandlung schwerer depressiver Störungen.

Die Autoren einer in der Fachzeitschrift JMIR Mental Health veröffentlichten Studie stellten fest, dass die Virtual-Reality-Behandlung ermutigende Ergebnisse zeigte, die mit der aktuellen Telemedizin-Therapie bei Depressionen vergleichbar sind.

Augmented Reality (XR) versetzt den Headset-Benutzer in eine synthetisierte virtuelle Realität (VR), die aus visuellen und akustischen Bildern besteht.

In der aktuellen Studie wurde die Wirksamkeit einer der derzeit wichtigsten Interventionen bei schweren depressiven Störungen (MDD), der Verhaltensaktivierungstherapie, mit einer durch Augmented Reality erweiterten Version verglichen, die in der Studie als „XR-BA“ bezeichnet wurde.

Die Forscher vermuten, dass die XRBA-Therapie eine angenehmere Behandlung ermöglichen und die Patienten dadurch ermutigen könnte, sie fortzusetzen.

Woher wissen wir, ob Augmented Reality bei der Behandlung von Depressionen hilft?

Das primäre Ergebnis der Studie war die Bewertung des telefonisch ausgefüllten Patientengesundheitsfragebogens (PHQ-9) durch die Teilnehmer. Höhere PHQ-9-Werte wiesen auf eine schwerere Form der Depression hin.

Die Studie umfasste 26 Teilnehmer, die nach dem Zufallsprinzip entweder einer dreiwöchigen Verhaltensaktivierungstherapie mit vier Sitzungen oder einer XR-BA-Therapie in ähnlicher Konfiguration zugeteilt wurden. Die Teilnehmer der XR-BA-Gruppe waren mit Meta Quest 2 Virtual-Reality-Headsets ausgestattet.

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 50,3 Jahre, mit einer Spanne von 17 Jahren. Davon waren 73 % Frauen, 23 % Männer und 4 % nichtbinäres oder drittes Geschlecht.

Beide Gruppen zeigten zwischen Beginn und Ende der Studie ähnliche und statistisch signifikante Reduktionen ihrer PHQ-9-Werte sowie der Schwere der Symptome.

In der XR-BA-Gruppe sanken die PHQ-9-Werte bereits vor der ersten Sitzung, was auf positive Erwartungen für die bevorstehende Studie und einen Placeboeffekt hindeutet.

Virtuelle Realität könnte helfen, die Hürden bei der Behandlung von Depressionen zu senken

Für Menschen mit MDD, die sich für neue Technologien interessieren, kann die XR-BA-Therapie therapeutische Inhalte in einer ansprechenden Umgebung präsentieren.

Die Erstautorin Dr. Margot Paul, klinische Assistenzprofessorin in der Abteilung für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften der Stanford University, erklärte in einer Pressemitteilung:

Kliniker können XR als Behandlungsinstrument nutzen, um Klienten zu motivieren, sich aktiv an ihrer psychotherapeutischen Behandlung zu beteiligen, indem sie innovative, interessante und zugängliche „Hausaufgaben“ erledigen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass XR dazu beitragen kann, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren und Barrieren für Hilfesuchende abzubauen.

Gibt es einen Placeboeffekt?

Sherife Tekin, PhD, Assistenzprofessor am Center for Bioethics and Humanities der SUNY Upstate Medical University, der nicht an der Studie beteiligt war, sagte, dass der Placeboeffekt zwar eine gewisse Rolle bei den positiven Auswirkungen von XR-BA auf die psychische Gesundheit spielen könnte, es sich aber lohne, ihn weiter zu untersuchen.

„Wir wissen“, so Tekin, „sowohl aus der Forschung als auch aus Patientenberichten, dass die aktive Beteiligung an ihrem Genesungsprozess das Gefühl der Patienten stärkt, Kontrolle und Macht über ihre Umgebung und ihr Leben zu haben.“

Nach einem teilweise anspruchsvollen Training zur Navigation in der virtuellen Welt konnten die Teilnehmer der XR-BA-Behandlung an einer Vielzahl spannender Aktivitäten teilnehmen.

Zu diesen Aktivitäten gehörten das Spielen eines magischen Brettspiels, das Üben von Werkstattspielen, das Lösen von Rätseln auf der Grundlage von Hinweisen, Tanzen zur Musik und die Möglichkeit, alleine oder mit anderen Minigolf zu „spielen“.

Tekin meinte, XR-BA könne „ein Gegenmittel gegen die Gefühle einer Person sein, die depressiv ist.“

„Normalerweise zieht sich die Person von Aktivitäten zurück, die ihr früher Spaß gemacht haben, isoliert sich immer mehr von ihrer Gemeinschaft und es stellt sich ein Zustand fast völliger Inaktivität ein“, sagte sie.

In dieser Studie fühlten sich die Teilnehmer jedoch möglicherweise „belebt, unterhalten und, was am wichtigsten war, sie hatten das Gefühl, die Kontrolle zu haben, indem sie physisch Knöpfe drückten, um das Spiel zu spielen“, vermutete Tekin. „Das könnte zur Effektivität von VR beigetragen haben.“

Wichtig: Vorsicht bei der Empfehlung von VR zur Behandlung von Depressionen

„Die Psychiatrie ist bekannt dafür, neue Interventionen übermäßig zu begrüßen und große Hoffnungen in sie zu setzen“, sagte Tekin. „Sie investiert alle Forschungsressourcen und Anstrengungen in diese Intervention, nur um später enttäuscht zu werden.“

„Wir verfügen über Forschungsergebnisse und zahlreiche Belege“, sagte Tekin, „die zeigen, dass bei psychischen Störungen eine Kombination verschiedener Interventionen den Patienten bessere Chancen bietet, mit ihren Problemen umzugehen, als nur eine.“

„Das liegt vor allem daran, dass die menschliche Natur komplex ist und es schwierig ist, eine Intervention zu finden, die für alle geeignet ist“, fügte sie hinzu.

Auch wenn die Aufnahme von XR-BA in die Liste der oben aufgeführten Therapien plausibel erscheint, ist es, wie der Experte anmerkte, wichtig, „mit Vorsicht vorzugehen und sicherzustellen, dass der Patient die Möglichkeit erhält, verschiedene Behandlungen auszuprobieren, um herauszufinden, was für ihn am besten funktioniert.“

Virtuelle Realität kann bei der Behandlung anderer psychischer Erkrankungen helfen

Es wird darauf hingewiesen, dass bereits Studien zur Verwendung virtueller Realität bei Menschen durchgeführt wurden, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden.

„In diesen Studien wurden Szenen und Episoden, die traumatische Auswirkungen auf Veteranen hatten, in einer kontrollierteren Umgebung in der virtuellen Realität simuliert“, sagte Tekin. „Dies gibt den Veteranen die Möglichkeit, das traumatische Ereignis zu erleben, sich aber auch sicherer zu fühlen, da sie die virtuelle Realität jederzeit beenden können.“

Tekin fügte hinzu, sie sei von den Erfolgsaussichten der neuen Studie überzeugt, „vorausgesetzt, wir stellen sicher, dass die Patienten diese neuen Interventionsarten zusätzlich zu ihrer üblichen Behandlung erhalten.“