Die Grippe wird durch normale Atmung verbreitet

Wahrscheinlich weiß das jeder, ob jung oder alt: Grippeviren verbreiten sich durch Tröpfchen in der Luft. Die kleinsten Viren „verstecken“ sich in ebenso kleinen Partikeln, die beim Husten und Niesen aus Mund und Atmungsorganen des Erkrankten freigesetzt werden. Fast alle Menschen, die neben sich Niesen oder Husten hören, versuchen, sich abzuwenden oder so weit wie möglich wegzugehen – ein solches Verhalten kann bereits als erworbenes Instinkt eingestuft werden. Wie sich jedoch herausstellte, spielt es für den Erkrankten keine große Rolle, wie er Viren verbreitet. Gleichzeitig darf er nicht husten oder niesen: Die Grippe kann sich auch bei normaler Atmung im Umfeld des Patienten ausbreiten.

Wissenschaftler der University of Maryland beobachteten den Zustand und das Verhalten von fast eineinhalbhundert Grippekranken. Bei einigen Patienten traten die ersten klinischen Anzeichen der Krankheit gestern oder heute auf, bei anderen vor einigen Tagen.

Grippekranke wurden beobachtet: Manche husteten oder niesten, andere atmeten einfach. Die 30 Minuten lang aus den Atemwegen der Teilnehmer austretende Luft wurde auf Viren untersucht. Das Vorhandensein von Viren wurde sowohl anhand von RNA als auch anhand ganzer Viruspartikel nachgewiesen.

In etwa jedem zweiten Fall von Luftproben von Patienten ohne Husten- oder Niesanzeichen wiesen die Schwebepartikel einen relativ hohen RNA-Virengehalt auf. Die überwiegende Mehrheit dieser Proben enthielt ganze Viruspartikel.

Wie bereits erwähnt, überträgt eine Person mit Grippe das Virus also auch bei normaler Atmung, wobei Husten und Niesen für die Verbreitung überhaupt nicht notwendig sind. Die Forscher stellten außerdem fest, dass die Viruskonzentration in der Luft beim Niesen nicht so hoch ist wie bisher angenommen. Daher könnte Niesen für die Virusverbreitung sogar weniger gefährlich sein als die normale Atmung eines Erkrankten. Experten zufolge sind es die Atemwege, die die meisten Viren in die umgebende Atmosphäre freisetzen.

Die im Rahmen der Studie gewonnenen Informationen könnten als Anstoß für die Entwicklung neuer, wirksamerer Präventionsmaßnahmen dienen, die die Ausbreitung von Virusinfektionen (möglicherweise nicht nur der Grippe, sondern auch anderer akuter respiratorischer Virusinfektionen, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden) eindämmen sollen. Es ist durchaus möglich, dass Epidemiologen in Zukunft die potenzielle Gefahr und Prävalenz saisonaler Virusattacken objektiver bestimmen werden.

Auch normale Menschen sollten daraus gewisse Schlussfolgerungen ziehen. Wenn jemand im Anfangsstadium einer Grippe nicht hustet oder niest, bedeutet dies nicht, dass er das Recht hat, sich in die Gesellschaft zu begeben. Selbst durch normale Atmung kann ein Infizierter die Krankheit unwissentlich auf eine große Anzahl von Menschen übertragen.

Einzelheiten werden auf den Seiten von PNAS vorgestellt.

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