Lackprodukte und Multiple Sklerose: Was haben sie gemeinsam?

Wissenschaftler warnen davor, dass Farben, Lacke und Lösungsmittel das Risiko einer Multiplen Sklerose bei Patienten mit einer erblichen Veranlagung deutlich erhöhen können.

Das Problem der Multiplen Sklerose beschäftigt Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Laut Statistik leiden weltweit mindestens 2,1 Millionen Menschen an dieser Krankheit. Der chronische Entzündungsprozess des Nervensystems birgt bestimmte Risikofaktoren: Die Entwicklung von Multipler Sklerose tritt am häufigsten bei Frauen kaukasischer Abstammung sowie bei Menschen auf, deren nahe Verwandte eine ähnliche Diagnose hatten. Der Mensch hat keinen Einfluss auf diese Faktoren. Wissenschaftler haben jedoch einen weiteren ungünstigen Faktor genannt, der die Entwicklung der Krankheit fördern kann – die Vergiftung mit bestimmten Substanzen. Wenn Sie also das Eindringen gefährlicher Giftstoffe in den Körper im Voraus verhindern, können Sie der Entwicklung von Multipler Sklerose vorbeugen. Um welche giftigen Substanzen handelt es sich?

Den Ergebnissen einer neuen Studie zufolge ist die systematische Exposition gegenüber Lösungsmitteln und Farben sowie Zigarettenrauch mit der Entstehung der Krankheit verbunden.

Professorin Anna Hedstrom vom Karolinska-Institut in Stockholm erläuterte ausführlich den Kern der Studie. Die Experten vermuteten, dass das regelmäßige Einatmen toxischer Substanzen und die daraus resultierende Reizung des Lungengewebes eine Immunreaktion auslösen können, die bei Patienten mit genetischer Veranlagung die Entwicklung von Krankheiten begünstigt. Um ihre Annahme zu bestätigen, analysierten die Wissenschaftler Daten von über 2.000 Patienten mit Multipler Sklerose. Zur Differenzierung wurden zudem Daten von fast 3.000 gesunden Personen ausgewertet. Molekulargenetische Untersuchungen zeigten, dass Patienten mit erblicher Veranlagung Träger einer genetischen Leukozytenstörung waren. Die von den Wissenschaftlern bereitgestellten Informationen waren mehr als interessant:

• in einer Gruppe von Menschen, die keinen genetischen Defekt hatten, nicht rauchten und nicht systematisch Farben und Lösungsmitteln ausgesetzt waren, lag das Verhältnis von Kranken zu Gesunden im Bereich von 1:4;
• in einer Gruppe von Menschen mit genetischem Defekt und Rauchern, jedoch ohne systematische Exposition gegenüber Farben und Lösungsmitteln, betrug das Verhältnis von Kranken zu Gesunden 9:5;
• In einer Gruppe von Menschen mit einem genetischen Defekt, die rauchen und regelmäßig Farben und Lacken ausgesetzt sind, betrug das Verhältnis von Kranken zu Gesunden 8:1 (!).

Unter Berücksichtigung der erhaltenen Informationen stellte Professor Hedstrom fest: Eine systematische Intoxikation, der ein normaler gesunder Mensch ausgesetzt ist, erhöht das Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken, fast um das Zweifache. Und die Kombination aus „schlechten“ Genen und Intoxikation führt bereits zu einer Versiebenfachung der Inzidenzrate. Kommt zu diesem „Bouquet“ noch regelmäßiges Rauchen hinzu, beschleunigt sich das Wachstum der Inzidenzrate um das 30-fache.

„Wir haben es mit gefährlichen Faktoren zu tun, die in Kombination noch gefährlicher werden. Wir werden weiterhin untersuchen, wie diese Faktoren miteinander interagieren. Dies ist notwendig für die Weiterentwicklung wirksamer Präventionsmaßnahmen. Derzeit können wir nur vermuten, dass das Einatmen giftiger Substanzen die Entwicklung einer Entzündungsreaktion in der Lunge fördert, die wiederum Immunstörungen verursacht“, kommentiert der Oxford-Arzt Gabriele De Luca.

Bisher lässt sich nur ein Fazit ziehen: Wenn es in der Familie Fälle von Multipler Sklerose gibt, sollten Sie das Schicksal nicht herausfordern: Kümmern Sie sich lieber schon im Vorfeld um Ihre Gesundheit, indem Sie mit dem Rauchen aufhören und Arbeiten im Zusammenhang mit Farben, Lacken und Lösungsmitteln vermeiden.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit werden in der Zeitschrift Neurology beschrieben.

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