Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, die "Gedanken eines Menschen zu lesen".

Amerikanische Forscher haben eine erstaunliche Methode zur Rekonstruktion von Wörtern demonstriert, die im menschlichen Gehirn nur als Gedanken existieren.

Die in einer Veröffentlichung in der Zeitschrift PLoS Biology beschriebene Technik des „Gedankenlesens“ basiert auf der Erfassung elektrischer Signale, die vom Gehirn gesendet werden.

Die Patienten hörten sich Audioaufnahmen verschiedener Wörter an, Geräte zeichneten die im Gehirn entstehenden Signale auf und dann rekonstruierten die Wissenschaftler mithilfe eines Computermodells die Wörter, die „in den Köpfen“ der Patienten klangen.

Es stellt sich heraus, dass jedes Wort seinen eigenen, einzigartigen Satz an Gehirnimpulsen hat.

Diese Methode könnte in Zukunft komatösen oder gelähmten Patienten helfen, mit anderen zu kommunizieren.

Tief ins Gehirn

Entdeckungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Wissenschaftler einer Methode näher kommen, mit der sie direkt in die Gedanken der Menschen „eindringen“ können.

Teilnehmer einer Studie von Neurowissenschaftlern aus Missouri und New York aus dem Jahr 2010 konnten einen Cursor auf einem Computerbildschirm mit ihren Gedanken steuern – über Elektroden, die direkt mit dem Gehirn verbunden waren. Durch das lautlose Aussprechen einzelner Vokale bewegten sie den Cursor in die gewünschte Richtung.

Eine Technik namens „ funktionelle Magnetresonanztomographie “ hat neue Möglichkeiten eröffnet: Durch die Verfolgung des Blutflusses im Gehirn ist es nun möglich, bestimmte Wörter oder Konzepte zu identifizieren, an die eine Person in einem bestimmten Moment denkt.

Im September 2011 nahm eine Gruppe von Forschern der University of California, Berkeley unter der Leitung von Jack Gallant diese Methode in Betrieb.

Denken Sie "Ah-ah"

Durch die Untersuchung der Blutflussmuster, die bestimmten im Gehirn entstehenden Bildern entsprechen, zeigten die Wissenschaftler, wie sich anhand dieser Muster erraten lässt, an welches Bild oder welche Abbildung eine Person denkt – im Wesentlichen wird dadurch der mentale „Film“ rekonstruiert, der sich im Kopf einer Person „dreht“.

Nun sind ein anderer Wissenschaftler aus Berkeley, Brian Paisley, und seine Kollegen auf dem Weg der „Gedankenbildrekonstruktion“ noch einen Schritt weiter gegangen.

„Jacks Arbeit hat uns in vielerlei Hinsicht inspiriert“, sagt Dr. Paisley. „Die Frage war, wie weit wir mit demselben Computermodellierungsansatz in das menschliche Hörsystem vordringen könnten.“

Schlüsselfaltung

Die Forscher konzentrierten sich auf einen Bereich des Gehirns – den oberen Temporalgyrus.

Dieser Teil des Hörsystems ist einer der am besten organisierten Bereiche des Gehirns und dafür verantwortlich, dass wir dem Klangfluss einen Sinn entnehmen, Wörter unterscheiden und ihre sprachliche Bedeutung verstehen.

Ein Forscherteam verfolgte Wellensignale aus dem oberen Temporallappen bei 15 chirurgischen Patienten während Operationen zur Behandlung von Epilepsie oder zur Entfernung von Hirntumoren.

Den Patienten wurde eine Audioaufnahme vorgespielt, in der verschiedene Sprecher Wörter und Sätze vorlasen.

Am schwierigsten war es, den chaotischen Fluss elektrischer Impulse zu entwirren, der beim Anhören der Audioaufnahme im Temporallappen entstand.

Mithilfe eines Computermodells wurde eine „Karte“ erstellt, die anzeigt, welche Teile des Gehirns Impulse mit welcher Intensität senden, wenn das Ohr Geräusche mit unterschiedlichen Frequenzen hört.

Anschließend wurde den Patienten eine Reihe von Wörtern zur Auswahl vorgelegt, aus denen sie eines auswählen und darüber nachdenken mussten.

Es stellte sich heraus, dass dasselbe Computermodell es ermöglicht, zu erraten, welches Wort die Versuchsperson gewählt hat.

Den Wissenschaftlern ist es sogar gelungen, einige Wörter wiederherzustellen, indem sie die aufgezeichneten Gehirnimpulse entsprechend einer Computer-„Karte“ wieder in Schallwellen umwandelten.

Doppelwirkung

„Diese Arbeit schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt einer der Autoren der Studie, Professor Robert Knight von der University of California, Berkeley. „Erstens ist die Grundlagenforschung nun noch tiefer in die Mechanismen des Gehirns eingedrungen.“

„Und aus praktischer Sicht könnten Menschen mit Sprachbehinderungen diese Technologie nutzen: Wenn sie nicht sprechen können, können sie sich vorstellen, was sie sagen möchten“, erklärt Knight. „Patienten haben uns wertvolle Informationen gegeben, und es wäre schön, ihnen auf diese Weise zu danken.“

Die Autoren des Berichts weisen allerdings darauf hin, dass noch viel Arbeit zu tun sei, um die Technik des „Lesens von Gedankenmustern“ zu verbessern, und dass es in naher Zukunft kein Gerät geben werde, das Gedanken entziffern könne.