Studie: Was bringt Ärzte dazu, Abtreibungen vorzunehmen?

Unter Gewissensentscheidungen in der medizinischen Praxis versteht man üblicherweise die Weigerung, umstrittene Leistungen wie etwa eine Abtreibung zu erbringen.

Doch in einem im New England Journal of Medicine veröffentlichten Artikel stellen Wissenschaftler der University of Michigan diese Definition in Frage und meinen, dass Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, durchaus als gewissenhaft und gewissenhaft bezeichnet werden können.

Lisa Harris, MD, außerordentliche Professorin für Geburtshilfe und Gynäkologie an der Michigan State University, weist darauf hin, dass es historische und aktuelle Belege dafür gibt, dass Gewissen und Bewusstsein die Hauptmotive sind, die Ärzte dazu bewegen, Abtreibungen vorzunehmen.

Der Arzt bezieht sich auf die soziologische Forschung von Carol Joffe, die untersuchte, was qualifizierte Ärzte dazu treibt, illegal Abtreibungen durchzuführen und dabei nicht nur den Verlust ihrer Approbation und ihrer langjährigen Praxis, sondern auch ihre eigene Freiheit zu riskieren. Die Forschung der Soziologin basiert auf dem sogenannten Fall Roe v. Wade – der historischen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA zur Rechtmäßigkeit von Abtreibungen. Diese Entscheidung wurde zu einer der umstrittensten und politisch bedeutendsten in der Geschichte der USA.

Das Gericht entschied, dass eine Frau das Recht auf eine Abtreibung hat, bis der Fötus in ihrem Mutterleib lebensfähig wird – mit Autonomie ist in diesem Zusammenhang „die Fähigkeit gemeint, außerhalb des Körpers der Mutter zu existieren, auch mit der obligatorischen medizinischen Unterstützung.“

„Ärzte führten illegale Abtreibungen durch, weil sie sahen, wie Frauen starben, als sie versuchten, eine ungewollte Schwangerschaft auf eigene Faust abzubrechen oder sich in die Hände von Scharlatanen begaben“, schreibt Harris.

Der Arzt sagt, dass moderne Abtreibungen durch das Gewissen der Ärzte motiviert seien: „Obwohl Gynäkologen, die Abtreibungen durchführen, in der modernen Welt nicht gegen das Gesetz verstoßen, haben sie dennoch etwas zu verlieren. Viele Menschen betrachten sie als Mörder und spüren dieses beschämende Stigma. Diskreditierung durch Kollegen, Verfolgung und Drohungen – das müssen Ärzte ertragen, die Tausende von Frauen vor dem sicheren Tod retten. Doch ihre tief verwurzelten Überzeugungen erlauben es ihnen nicht, anders zu handeln und einfach zuzusehen, wie Menschenleben zerstört werden.“

Der Autor der Studie sagt, dass das amerikanische Recht immer noch jene Ärzte schützt, die sich aufgrund ihrer eigenen moralischen Prinzipien weigern, Abtreibungen vorzunehmen, während Ärzte, die Abtreibungen ebenfalls aufgrund ihrer ethischen Ansichten vornehmen, praktisch von diesem Schutz ausgeschlossen sind.

Dr. Harris weist darauf hin, dass Abtreibungsgegner glauben, Ärzte, die Abtreibungen durchführen, würden in erster Linie von materiellem Gewinn und nicht von ihrem eigenen Gewissen geleitet. Sie widerspricht dieser Behauptung, bestreitet aber nicht, dass es tatsächlich wichtig ist, zwischen den moralischen Beweggründen der Ärzte und allen anderen zu unterscheiden.

„Es ist wichtig, dass die Ablehnung einer Abtreibung auf echten moralischen Motiven beruht und nicht auf politischen Motiven des Arztes, einer falschen Wahrnehmung medizinischer Beweise oder einer Kombination anderer irrelevanter Faktoren“, schreibt der Autor.

[ 1 ]