Klimawandel bedroht Gesundheit in Europa: dringender Handlungsbedarf

In einem kürzlich in The Lancet Public Health veröffentlichten Bericht erörtern Experten anhand von 42 Indikatoren, darunter Zecken, Ernährungssicherheit und Leishmaniose, wie sich der Klimawandel auf die menschliche Gesundheit in Europa auswirkt.

Verzögerungen bei Maßnahmen und gesundheitliche Ungleichheiten

Die Forscher betonen, dass die europäischen Regierungen durch die Verzögerung sinnvoller Klimaschutzmaßnahmen Chancen verpassen, die Gesundheit ihrer Bürger zu verbessern und zu schützen. Gleichzeitig verschärfen sie gesundheitliche Ungleichheiten, da gefährdete und Hochrisikogruppen unverhältnismäßig stark betroffen sind.

Ständige Verschlechterung des Gesundheitszustands

Die globale Temperatur steigt um fast 1,5 °C. Wird dieser Wert überschritten, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Klimagesundheit.

Die hitzebedingte Sterblichkeit ist in Europa stark angestiegen und liegt bei 17,2 Todesfällen pro 100.000 Einwohner. Mit zunehmendem Hitzestressrisiko reduzieren gefährdete Bevölkerungsgruppen ihre körperliche Aktivität, was wiederum die Prävalenz nichtübertragbarer Krankheiten erhöht. Hitzebelastung beeinflusst auch die wirtschaftlichen und sozialen Gesundheitsfaktoren und führt zu einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung.

Steigende Temperaturen erhöhen zudem die Anzahl von Krankheitsüberträgern und -erregern, darunter Dengue-Fieber, Zika, Leishmaniose und Malaria, die sich in bisher unwirtlichen Regionen ausbreiten können, wodurch das Risiko einer größeren Epidemie steigt.

Gefahr von Waldbränden und Dürre

Auch das Risiko von Waldbränden und Dürren nimmt in ganz Europa zu. Durch den Klimanotstand ist die Zahl der Menschen in Europa, die von schwerer oder mittelschwerer Ernährungsunsicherheit betroffen sind, um 12 Millionen gestiegen.

Klimawandel und gesundheitliche Ungleichheit

Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels sind eng miteinander verknüpft und betreffen nicht alle Menschen gleichermaßen. Die Auswirkungen sind aufgrund unterschiedlicher Anpassungsfähigkeit, Sensibilität und Exposition ungleich verteilt. Diese Unterschiede sind wiederum durch Marginalisierung, sozioökonomische Entwicklung und Ungleichheit (historisch und aktuell) bedingt.

Die größten Auswirkungen des Klimawandels sind häufig bei den Gruppen spürbar, die für das Problem am wenigsten verantwortlich sind. Diese Gruppen werden möglicherweise auch nicht als gefährdet anerkannt oder bei politischen Maßnahmen nicht priorisiert.

In den europäischen Ländern sind indigene Völker, ethnische Minderheiten, Vertriebene, Migranten, einkommensschwache Gruppen sowie Schwangere und Frauen bei der Geburt am stärksten von den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels betroffen.

Beispielsweise ist die Wahrscheinlichkeit, an Hitze oder Unterernährung zu sterben, bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern. In Haushalten mit niedrigem Einkommen ist die Ernährungsunsicherheit deutlich höher. Menschen in stark benachteiligten Gebieten sind häufiger schädlichen Partikeln aus Waldbränden ausgesetzt.

Oftmals sind politische Maßnahmen und Anpassungsstrategien schlecht konzipiert; sie berücksichtigen nicht die Gerechtigkeit und können Ungleichheiten in Bezug auf Umwelt und Gesundheit verschärfen oder aufrechterhalten. Die Autoren fordern weitere Forschung, die sich mit den ungleichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit befasst, um sicherzustellen, dass angemessene Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen werden.

Beschleunigte Klimaschutzmaßnahmen

Der Beitrag der europäischen Länder zu den globalen Treibhausgasemissionen war und ist hoch. Diese Emissionen haben Europa Wirtschaftswachstum beschert, während andere Länder mit historischen niedrigen Emissionen überproportional von aktuellen und zukünftigen Umweltveränderungen betroffen sind.

Der Klimawandel ist daher mit Fragen der ökologischen und sozialen Gerechtigkeit verknüpft. Im Jahr 2021 stieß Europa pro Kopf etwa 5,4 Tonnen Kohlendioxid aus – fast dreimal mehr als der Durchschnittsbürger Süd- und Mittelamerikas und sechsmal mehr als ein Afrikaner. Trotzdem hat Europa seine Emissionen nicht reduziert und wird erst Ende des Jahrhunderts Klimaneutralität erreichen.

Da Europa zudem Dienstleistungen und Waren importiert, die anderswo produziert werden, ist der Kontinent auch für Umweltbelastungen wie Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen in anderen Regionen verantwortlich, was erhebliche Auswirkungen auf Gesundheit und Klima hat. Der Beitrag der Kohle zur europäischen Gesamtenergieversorgung stieg 2021, und mehr als die Hälfte der europäischen Länder subventioniert weiterhin fossile Brennstoffe.

Die Autoren betonen die Notwendigkeit, den Klimawandel durch entschlossenes Handeln einzudämmen, und die Vorteile eines solchen Handelns, darunter die Verringerung vorzeitiger Todesfälle und Erkrankungen. Das wissenschaftliche und unternehmerische Engagement in Klima- und Gesundheitsfragen hat zugenommen, die Beteiligung von Einzelpersonen, Politikern und Medien ist jedoch nach wie vor gering.

Schlussfolgerungen

Diese umfassende Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels in europäischen Ländern hebt die anhaltenden negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung hervor und stellt fest, dass sich diese negativen Auswirkungen ohne geeignete und rasche Maßnahmen weiter verstärken werden.

Die Forscher stellten fest, dass der Klimawandel kein theoretisches, hypothetisches Szenario mehr ist, das in Zukunft erwartet wird; es handelt sich vielmehr um eine anhaltende Notlage, deren Ausmaß sich rapide verschärft. Milliarden von Menschen sind von dieser Krise bedroht, und den europäischen Ländern kommt bei der Eindämmung ihrer Auswirkungen eine wichtige Rolle zu.