Menschen mit Parkinson-Krankheit sollte körperliche Aktivität verordnet werden

Derzeit gibt es keine pharmakologischen Behandlungen, die die Parkinson-Krankheit heilen oder ihr Fortschreiten verlangsamen können. Basierend auf einer kürzlich im Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry veröffentlichten umfassenden Literaturübersicht kommen Forscher der Universität Aarhus jedoch zu dem Schluss, dass Bewegung ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Parkinson- Patienten sein sollte.

„Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse schlagen wir einen Paradigmenwechsel vor: Menschen mit Parkinson im Frühstadium sollte neben der konventionellen medikamentösen Behandlung körperliche Betätigung als Behandlung verschrieben werden“, sagt Associate Professor Martin Langeskov Christensen von der Abteilung für klinische Medizin der Universität Aarhus und der Abteilung für Neurologie des Regionalkrankenhauses Viborg.

Er ist einer der Forscher hinter der Studie, die die wichtigsten Studien zum Zusammenhang zwischen körperlicher Betätigung und Parkinson-Krankheit zusammenfasst. Die Schlussfolgerung lautet, dass körperliche Betätigung dazu beitragen kann, die Entstehung der Krankheit zu verhindern, ihr Fortschreiten möglicherweise zu verlangsamen und eine wirksame Behandlung einiger der schwerwiegenderen Symptome zu sein.

Hilfe bei der Wiederherstellung der Lebensqualität

Für Patienten mit Parkinson-Krankheit ist körperliche Betätigung bereits eine tragende Säule der Rehabilitation. Forscher der Universität Aarhus betonen jedoch, dass körperliche Betätigung möglicherweise noch grundlegendere Vorteile bietet, die die klinische Praxis verändern könnten.

In Sachen Prävention sei Bewegung ein sehr wichtiger Faktor, sagt Martin Langeskov Christensen. „Es gibt starke Belege dafür, dass moderate und intensive körperliche Aktivität das Risiko, an Parkinson zu erkranken, deutlich senkt. Studien zeigen, dass ein hohes Maß an körperlicher Aktivität das Risiko um bis zu 25 % senken kann“, erklärt er.

Darüber hinaus gibt es Belege dafür, dass zahlreiche Symptome, für die es normalerweise keine medikamentöse Behandlung gibt, auch durch körperliche Betätigung behandelt werden können.

Beispielsweise haben viele Menschen mit Parkinson Schwierigkeiten beim Gehen, und körperliche Betätigung kann dieses Problem erheblich lindern. Dies kann die Lebensqualität eines Patienten wirklich verbessern. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, aus einem Stuhl aufzustehen, müssen Sie sich möglicherweise auf Kraft- oder Gleichgewichtsübungen konzentrieren.

Wenn Sie ein Risiko für Bluthochdruck haben, sollten Sie Cardiotraining machen. Ein individueller Trainingsplan ist wichtig, denn wir können nicht erwarten, dass jemand weiß, welche Übungen seine Symptome lindern“, sagt er.

Er ist daher der Ansicht, dass Patienten mit Parkinson-Krankheit zusätzlich zu ihrer medikamentösen Behandlung personalisierte Trainingsprogramme einschließlich regelmäßiger Nachuntersuchungen erhalten sollten.

„Im Idealfall wird einem Patienten ein Trainingsprogramm verschrieben und er wird engmaschig von Physiotherapeuten, Sportphysiologen, Neurologen und anderen entsprechenden Spezialisten überwacht. Wir brauchen zumindest bessere Richtlinien, die die Bedeutung von Bewegung für diese Patientengruppe anerkennen und aktuellere Trainingsanweisungen bereitstellen. Die Grundlagen und Belege sind vorhanden, insofern ist der Weg frei“, sagt er.

Geringerer Bedarf an Medikamenten

Die große Frage ist, ob körperliche Betätigung das Potenzial hat, die Krankheit zu verändern: Kann sie diese schwächende Krankheit verlangsamen, die nach und nach Gehirnzellen zerstört und zu Fehlfunktionen des Nervensystems führt?

„Die Beweise dafür, dass körperliche Betätigung den Krankheitsverlauf verlangsamen kann, sind weniger überzeugend, wenn auch sehr plausibel. Allerdings fehlt in Parkinson-Studien ein wichtiger sensitiver Biomarker, um den Krankheitsverlauf bei allen Patienten vorherzusagen. Es wurden zwar überzeugende Studien zur körperlichen Betätigung an Tieren durchgeführt, die an einer Parkinson-ähnlichen Erkrankung leiden. Die bei Tieren beobachteten Effekte lassen sich jedoch nicht immer auf die beim Menschen beobachteten Effekte übertragen“, sagt Martin Langeskov Christensen.

„Wir wollen kein Wundermittel anpreisen – Parkinson lässt sich nicht einfach durch Sport besiegen. Studien zeigen jedoch, dass sich der Medikamentenspiegel durch Sport stabilisieren – und durch gesteigertes Aktivitätsniveau sogar senken lässt. Andere Studien zeigen Verbesserungen im klinischen MDS-UPDRS-Test, dem derzeit besten Marker für den Krankheitsverlauf“, sagt er.

Soll ich Fußball spielen oder Krafttraining machen?

Die meisten Studien zum Thema Parkinson und Sport untersuchen die Auswirkungen von Kraft- oder Cardiotraining. Aus der Vogelperspektive betrachtet, funktionieren beide, allerdings in unterschiedlichen Bereichen, erklärt Martin Langeskov Christensen.

„Wenn Sie an Parkinson leiden, sollten Sie die Art von Sport treiben, die Ihnen am meisten Spaß macht. Sie leiden ohnehin schon unter einem niedrigen Dopaminspiegel, daher kann es schwierig sein, überhaupt die Motivation zu finden“, sagt er und weist darauf hin, dass Patienten, die aufgrund von Komplikationen durch Parkinson Schwierigkeiten mit hochintensiven Übungen haben, dennoch positive Ergebnisse erzielen können, indem sie zu Hause weniger intensive Aktivitäten ausüben, wie etwa Gartenarbeit oder tägliche Spaziergänge mit dem Hund.

Stillsitzen habe keinen Vorteil, betont der Forscher. „Bei einer neurologischen Erkrankung wie Parkinson kann es zu Müdigkeit kommen – einem überwältigenden Gefühl der Erschöpfung, das sich durch Schlaf nicht lindern lässt.“

„Wenn Sie unter Müdigkeit leiden, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass sich diese im Anfangsstadium mit zunehmender körperlicher Betätigung verschlimmern kann. Doch die Forschung zur Multiplen Sklerose zeigt, dass körperliche Betätigung tatsächlich zur Bekämpfung der Müdigkeit beitragen kann. Außerdem laufen neue Untersuchungen darüber, wie sich körperliche Betätigung auf die Müdigkeit bei Patienten mit Parkinson auswirkt“, sagt er.

Die Kernaussage lautet: Es ist besser, etwas zu unternehmen, denn der Nutzen überwiegt den möglichen Schaden bei weitem. Sport ist eine sichere, kostengünstige, leicht zugängliche und wirksame Maßnahme für Menschen mit Parkinson. Studien in der Allgemeinbevölkerung zeigen, dass Sport auch das Risiko für damit verbundene Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Osteoporose senkt.